Schloss + Museum = Schlossmuseum?
Das Mannheimer Barockschloss hat eine bewegte Geschichte. Es war im 18. Jahrhundert die prächtige Residenz der Kurfürsten von der Pfalz, ein europaweit bekannter Musenhof. Die feudale Nutzung verringerte sich ab dem 19. Jahrhundert zunehmend, da das Schloss nur noch badische Nebenresidenz und Witwensitz von Stéphanie Napoléon war. In nicht genutzte Bereiche des Schlosses zogen Behörden ein – von der Rheinschifffahrtskommission bis zum Landgericht. Als 1919 das Schloss komplett an den Staat fiel, dominierten leere Räume das zweitgrößte europäische Barockschloss, die auf eine neue Nutzung warteten. Die Ursprünge des Schlossmuseums liegen in den 1920er Jahren, als der Kern des Barockschlosses zum Museum transformiert wurde. Aus dem Ort des Adels wurde nun ein Ort der Stadtgesellschaft, passend zur „Weimarer Republik“, der ersten parlamentarischen Demokratie in Deutschland. Die einst nur ausgewählten Menschen zugänglichen Prunkräume der Beletage waren ab 1926 für alle Menschen offen. Die Stadt Mannheim erwarb für dieses Schlossmuseum eine qualitätvolle Sammlung, die im Bezug zur (Kunst-)Geschichte des Schlosses stand: Gemälde von Kurfürsten und Großherzoginnen, Frankenthaler Porzellan oder Möbel des Barock und Rokoko. Theoretisch hätten diese Objekte einst Teil der Schlossausstattung sein können, doch die Interieur- und Gebrauchsgegenstände waren nun Museumsobjekte.
Statt Zimmereinrichtungen adeliger Bewohner sah man nun im Schloss eine museale Inszenierung in Barockräumen mit originalen Deckenfresken, Stuck und Wandvertäfelung. Diese Präsentation ignorierte die einstige Raumfunktion – das kurfürstliche Speisezimmer war nun der Fayencesaal. In den 1930er Jahren veränderte man die Präsentation: „Period Rooms“ sollten das Verhältnis zwischen originalen Raumensembles zu präsentierten Objekten verbessern und den einstigen Funktionszusammenhang der Objekte andeuten. Und heute? Nach der Kriegszerstörung 1944 wurden nur vier Räume wieder rekonstruiert, aber nicht museal genutzt – die Universität bezog das Barockschloss. Seit 2007 gibt es nun wieder ein Schlossmuseum. In sechs nicht rekonstruierten Räumen reinszenierte man vor grauen Wänden und weißen Decken mit Originalobjekten Interieurs des 19. Jahrhunderts. Diese dritte Variante musealer Nutzung und Präsentation versucht nun wieder, die einstige Lebenswelt der adeligen Bewohner im Schloss erlebbar zu machen, muss aber mit dem Verlust der Originalräume umgehen. Die Kuratorenführung mit der Konservatorin des Mannheimer Schlosses Dr. Uta Coburger und ihrer Kollegin Luisa Kösterke M.A. nimmt die Besucher:innen mit auf eine Zeitreise. In einem interaktiven Gespräch werden anhand historischer Fotos und einer virtuellen Rekonstruktion die unterschiedlichen Nutzungen und Präsentationskonzepte des Mannheimer Barockschlosses und seiner musealen Nutzung erlebbar gemacht.
Dauer: 90 Minuten
Beginn: 15:30
Nach Voranmeldung: max. 20 Personen
Anmeldung unter 06221 – 658880 oder service@schloss-mannheim.com
Eintritt: 14,00 Euro Er. / 7,00 Euro Erm. / 35,00 Euro Familie
Ähnliche Veranstaltungen